Sturzprävention – wie Sie Stürze wirksam vermeiden können
Ein Sturz ist selten Zufall. Immer wieder hören wir ähnliche Geschichten:
„Ich war gerade am Telefon, wollte noch schnell etwas holen – und plötzlich lag ich auf dem Boden.“
Manche erzählen, dass sie stundenlang am Boden lagen, bevor Hilfe kam.
Das kann eine sehr belastende und traumatische Erfahrung sein – und erhöht leider oft das Risiko für weitere Stürze.
Dieser Artikel soll Ihnen zeigen, wie Sie mit gezielter Sturzprävention dazu beitragen können, dass Ihre Eltern oder älteren Angehörigen gesund, sicher und selbstständig älter werden.
Sicherheit beginnt bei den kleinen Dingen
Achten Sie darauf, dass Ihre Mutter, Ihr Vater oder Ihr Angehöriger immer ein Mobiltelefon bei sich trägt, um im Falle eines Sturzes schnell Hilfe rufen zu können.
Stürze im Alter: vermeidbar durch gezieltes Training
Mit zunehmendem Alter verändern sich Muskelkraft, Gleichgewicht und Reaktionsgeschwindigkeit.
Doch diese Veränderungen bedeuten nicht, dass man Kontrolle verliert – sie zeigen vielmehr, wo gezieltes Training ansetzen kann.
Aktuelle Forschung belegt, dass Menschen, die regelmässig Gleichgewichts- und Kraftübungen durchführen, ihr Sturzrisiko nahezu halbieren können.
In einer gross angelegten Metaanalyse von Sherrington et al. (2020, British Journal of Sports Medicine)
wurde gezeigt, dass Programme mit Balance-, Kraft- und Funktionstraining das Sturzrisiko um bis zu 42 % senken können – insbesondere, wenn sie regelmässig und mit ausreichender Intensität durchgeführt werden.
Trotz dieser Erkenntnisse ereignen sich die meisten Stürze nicht im Freien, sondern im eigenen Zuhause – beim Aufstehen, Gehen oder im Bad.
Genau hier setzt wirksame Sturzprävention an: durch kleine Anpassungen, bewusste Gewohnheiten und fachliche Unterstützung direkt in der gewohnten Umgebung.
Sturzprävention: Ein umfassender Schutz für Ihre Sicherheit
Effektive Sturzprävention geht weit über Gleichgewichtsübungen hinaus – sie ist
ein ganzheitlicher Ansatz, der alle Aspekte Ihres Alltags berücksichtigt. Moderne Forschung zeigt: Die besten Ergebnisse erzielen Sie, wenn verschiedene Risikofaktoren gleichzeitig angegangen werden.
Körperliche Faktoren – Was in Ihrem Körper passiert
Mit dem Alter verändert sich unser Körper natürlich: Muskeln werden schwächer, Gelenke weniger beweglich, und chronische Erkrankungen wie Diabetes, Arthritis oder Parkinson können Ihre Mobilität beeinträchtigen. Diese Veränderungen sind normal, aber sie erhöhen das Sturzrisiko. Besonders wichtig ist auch Ihre Medikation: Viele Medikamente können Schwindel oder Benommenheit verursachen. Lassen Sie daher mindestens einmal jährlich alle Ihre Medikamente von Ihrem Arzt überprüfen – oft können Dosierungen angepasst oder Alternativen gefunden werden.
Training ohne Übungen – Ihr Alltag wird zum Fitnessstudio
Vergessen Sie langweilige Übungsprogramme. Die effektivste Sturzprävention passiert, wenn Sie Ihren Alltag geschickt umgestalten. Nehmen Sie die Treppe statt den Lift, gehen Sie bewusst längere oder herausforderndere Routen zum Einkaufen, verlangsamen Sie Ihr Gehtempo für mehr Stabilität, oder wählen Sie gezielt Wege mit unterschiedlichen Untergründen. Zu Hause können Sie strategisch "Hindernisse" einbauen: Lagern Sie die Lieblingskekse im Keller statt in der Küche, stellen Sie das Telefon weiter weg, oder räumen Sie häufig genutzte Gegenstände so um, dass Sie mehr Bewegung in Ihren Tag integrieren. Diese kleinen Anpassungen fordern Ihr Gleichgewicht, Ihre Kraft und Koordination heraus – ganz natürlich und ohne dass es sich nach "Training" anfühlt. Das Beste daran: Sie verbessern nicht nur Ihre körperliche Fitness, sondern auch Ihre Sicherheit bei genau den Bewegungen, die Sie täglich brauchen. Unsere Therapeuten helfen Ihnen dabei, solche alltagsintegrierten Herausforderungen individuell und sicher zu gestalten, damit Sie kontinuierlich Fortschritte machen, ohne zusätzliche Zeit für Übungen aufwenden zu müssen.
Umgebungsfaktoren – Ihr Zuhause sicher gestalten
Die meisten Stürze passieren zu Hause, oft durch vermeidbare Gefahrenquellen. Schlechte Beleuchtung, lose Teppiche, unebene Böden oder Gegenstände auf Gehwegen sind typische Stolperfallen. Eine systematische Überprüfung Ihres Wohnraums kann diese Risiken deutlich reduzieren. Dabei geht es nicht um teure Umbauten, sondern oft um einfache Anpassungen: bessere Beleuchtung, rutschfeste Matten oder das Entfernen von Hindernissen.
Hilfsmittel richtig nutzen
Gehstöcke, Rollatoren und andere Hilfsmittel können Ihre Sicherheit erheblich verbessern – aber nur, wenn sie korrekt eingestellt und verwendet werden. Paradoxerweise können falsch angepasste Gehhilfen Ihr Sturzrisiko sogar erhöhen. Eine professionelle Anpassung und Schulung im Umgang mit diesen Hilfsmitteln ist daher unerlässlich.
Intelligente Alltagsstrategien
Kompensatorische Strategien helfen Ihnen, mit Ihren vorhandenen Fähigkeiten optimal zu arbeiten. Das bedeutet: Vereinfachen Sie komplexe Bewegungsabläufe, nutzen Sie Hilfsmittel gezielt und passen Sie Ihre Umgebung an Ihre Bedürfnisse an. Beispielsweise können Sie beim Anziehen einen Stuhl verwenden oder Gegenstände in greifbare Höhe umräumen.
Kontinuierliche Betreuung für nachhaltigen Erfolg
Sturzprävention ist kein einmaliges Projekt, sondern ein fortlaufender Prozess. Regelmässige Kontrollen helfen dabei, Ihre Fortschritte zu bewerten und die Massnahmen an veränderte Bedürfnisse anzupassen. Ihr Feedback über die umgesetzten Veränderungen ist dabei entscheidend – nur so kann sichergestellt werden, dass die Präventionsstrategien weiterhin effektiv sind und zu Ihrem Alltag passen.
Durch diesen umfassenden Ansatz schaffen Sie nicht nur Sicherheit, sondern erhalten Ihre Selbstständigkeit und Lebensqualität langfristig.
Der MIT- Check – Sturzrisiko einfach selbst einschätzen
Um gefährdete Bereiche früh zu erkennen, haben wir den MIT-Check entwickelt – ein kompaktes, wissenschaftlich fundiertes Instrument zur Beurteilung von Sturzgefahren im häuslichen Umfeld.
Er basiert auf Prinzipien der Sturzprävention und wurde speziell für Hausbesuche und Selbstanwendung konzipiert.
Zweck:
Der MIT-Check hilft, Mobilitätseinschränkungen und Sturzrisiken schnell zu identifizieren.
Anwendung:
Der Fragebogen kann gemeinsam mit einer Therapeutin oder als Selbsttest ausgefüllt werden.
Jede „Nein“-Antwort weist auf ein potenzielles Risiko hin.
Am Ende werden alle Nein-Antworten gezählt – das ergibt den persönlichen Risikowert.
Bereiche des MIT-Check
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Böden & Wege – Stolperstellen, Teppiche, Türschwellen
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Beleuchtung – Helligkeit in Fluren, Nachtsicht, Lichtschalter
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Möbel & Platz – Aufsteh- und Bewegungsfreiheit
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Badezimmer & Toilette – Rutschgefahr, Haltegriffe, Erreichbarkeit
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Küche & Alltag – ergonomische Abläufe, Greifhöhe, Sicherheit
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Treppen & Eingänge – Handläufe, Beleuchtung, Gleichmässigkeit
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Schuhe & Hilfsmittel – Stabilität, Sitz, Schwindelverhalten
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Aussenbereich – Wege, Beleuchtung, Wetterbedingungen
Auswertung
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0–5 Nein-Antworten: Geringes Risiko – Umgebung weitgehend sicher; Kontrolle einmal jährlich empfohlen.
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6–14 Nein-Antworten: Mittleres Risiko – mehrere vermeidbare Gefahren; Anpassungen und Beratung sinnvoll.
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15 oder mehr Nein-Antworten: Hohes Risiko – deutliche Gefährdung; professionelle Intervention (Physio- oder Ergotherapie) empfohlen.
Download
Sie dürfen ihn gerne kostenlos nutzen, kopieren und weitergeben – ob für Patientinnen, Angehörige oder in Ihrer Institution.
Wir bitten nur darum, Logo und Firmenangaben unverändert zu lassen, damit der Ursprung des Materials erkennbar bleibt.
Wie Physiotherapie zu Hause Risiken wirklich reduziert
Der entscheidende Vorteil der Hausphysiotherapie liegt in ihrer Realitätsnähe.
Während klinische Therapien standardisierte Bedingungen bieten, berücksichtigt das Training zu Hause die tatsächlichen räumlichen, körperlichen und psychologischen Faktoren, die Stürze begünstigen.
Ein erfahrener Therapeut oder eine Therapeutin:
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analysiert Bewegungsmuster und Wohnumgebung,
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trainiert gezielt Gleichgewicht, Kraft und Reaktionsfähigkeit,
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vermittelt sicheres Verhalten im Alltag,
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baut Vertrauen und Routine auf,
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und koordiniert bei Bedarf mit Hausarzt oder Angehörigen.
So entsteht nicht nur Sicherheit, sondern Selbstständigkeit und Lebensqualität – das eigentliche Ziel jeder Sturzprävention.
Fazit
Sturzprävention bedeutet, die Kontrolle zurückzugewinnen – Schritt für Schritt.
Mit dem MIT-Check erkennen Sie früh, wo Risiken bestehen, und können gezielt gegensteuern.
Und mit regelmässiger Physiotherapie zu Hause wird Prävention zur Gewohnheit:
praktisch, persönlich und nachhaltig wirksam.